Amtsblatt Horb

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Biotopmanager Biber


Erster Teil der Artikelserie:
Was nicht passend ist, wird passend gemacht!


Beim Neckarblühen 2011 noch als Maskottchen „Necky“ unterwegs, wandern seither wieder „richtige“ Biber ins Horber Stadtgebiet und gründen Reviere. Seit Sommer dieses Jahres richten sich zwei Biber auch am Dießener Bach häuslich ein.
Speziell an dieser Tierart wird deutlich, wie unsinnig und hochmütig die menschliche Einteilung in „nützlich“ oder „schädlich“ ist. Jedes Lebewesen hat seine Bedeutung und Wirkung in seiner ökologischen Nische. Je vielfältiger vernetzt Lebensgemeinschaften sind, desto stressresistenter ist das Gesamtgefüge. Wir Menschen sind nur eine von vielen Arten, greifen aber unverhältnismäßig in die Natur ein und gefährden dadurch unser eigenes Überleben.

Der Biber kommt in Europa schon seit ca. 15 Millionen Jahren vor. Der moderne Mensch wanderte erst vor ca. 45.000 Jahren ein und wurde vor ca. 7.000 Jahren sesshaft. Bestimmt standen Biber schon früh auf dem Speisezettel des Menschen, seine weltweit fast flächendeckende Ausrottung fand aber erst in den letzten Jahrhunderten statt. Aus seinem extrem dichten Fell (23.000 Haare pro cm²) wurden Mützen und Hüte gefertigt. Das sogenannte Bibergeil, ein Drüsensekret, das der Biber zur Revierabgrenzung nutzt, galt bis ins 19. Jahrhundert als Allheilmittel. Es enthält die schmerz­lindernde Salizylsäure, den Wirkstoff von Aspirin. Salizylsäure ist in der Lieblingsnahrung der Biber, Weidenrinde, reichlich enthalten. Wegen seines „beschuppten Schwanzes“ wurde er 1754 von der katholischen Kirche zum „Fisch“ erklärt und als Fastenspeise zugelassen. Zu allem Übel wurde der reine Vegetarier auch noch fälschlicherweise als Fischfresser verfolgt.

Vor allem in neuerer Zeit zerstörte der Mensch massiv den Lebensraum des Bibers und der Lebensgemeinschaften am Wasser. Durch Begradigung und Trockenlegung wurden die Gewässer ihrer natürlichen Dynamik im Wechsel von Hoch- und Niedrigwasser beraubt. Ihnen wurde nur noch ein absolutes Minimum an Raum belassen und das Land bis direkt ans Ufer intensiv genutzt. Durch diese Verfolgung blieben in Eurasien von den einstigen geschätzt 100 Millionen zu Beginn des 20. Jahrhunderts rund 1.000 Tieren übrig, etwa 200 davon an der Mittelelbe.
Heute sind Biber, ihre Dämme und Bauten, national und international streng geschützt. Der Rückkehrer verändert die zerstörten Lebensräume nach seinen Bedürfnissen, treffender ausgedrückt, er repariert sie. Unter dem Motto „Was nicht passend ist, wird passend gemacht“ schafft und gestaltet er dabei ein kleinflächig strukturiertes Mosaik von Lebensräumen für selten gewordene Arten.

Zweiter Teil der Artikelserie:
Der Biber - ein Tier für zwei Welten

Der europäische Biber ist das größte Nagetier in Europa. Biber werden bis 130 cm lang, bis zu 30 kg schwer und können ein Alter von über zehn Jahren erreichen. Sie leben als Familie in festen Revieren, die gegen Artgenossen verteidigt werden. Die 2 bis 3 Jungtiere werden von den Eltern und einjährigen Geschwistern für ihr Biberleben regelrecht ausgebildet. Junge Biber, die ohne Eltern aufgewachsen sind, können z. B. keine Bäume fällen. Im Alter von etwa zwei Jahren werden sie in die Welt hinausgeschickt, um sich ihr eigenes Revier zu suchen.

Biberreviere werden mit einem Drüsensekret markiert und gegen Artgenossen verteidigt. Die Tiere sind hauptsächlich in der Dämmerung und nachts aktiv. Biber sind an Land recht schwerfällig, im Wasser dagegen flink und wendig. Sie können gut tauchen, im Notfall bis zu 15 Minuten. Besonders wenn es im Winter eisig kalt ist, isoliert das sehr dichte Biberfell zusammen mit einer dicken Fettschicht den torpedoförmigen Körper gut. Die vordere Körperhälfte („Landteil“) und die hintere („Wasserteil“) unterscheiden sich außergewöhnlich deutlich. Mit den kleinen handartigen Vorderpfoten kann der Biber beim Transportieren von Ästen und beim Bauen gut zupacken. Kräftige Krallen helfen beim Graben in der Erde. Mit seinen großen durch orangefarbenes Eisenoxid gehärteten Nagezähnen kann er selbst dicke Bäume fällen. Die Augen sind mit einer durchsichtigen Nickhaut verschließbar, Ohren und Nasenlöcher werden beim Tauchen durch Hautfalten verschlossen. Die körperbreiten Tasthaare an der Nase helfen nachts und im trüben Wasser bei der Orientierung.

An Land hilft ihm hauptsächlich sein Geruchssinn, um Feinde zu bemerken oder Futter zu entdecken. Große Hinterfüße mit Schwimmhäuten geben Vorschub beim Schwimmen. Eine spezielle Putzkralle dient als Kamm. Der breite, schuppige Schwanz, „Biberkelle“ genannt, ist Ruder sowie Stütze beim Sitzen und speichert Fett für den Winter. Als reine Vegetarier fressen Biber im Sommer verschiedenste Pflanzen. Im Herbst wird der Speiseplan durch Fallobst ergänzt. Im Winter frisst er hauptsächlich Weiden- oder Pappelrinde, dünne Zweige und Knospen. Aus Ästen und Zweigen legt er sich im Spätherbst ein sogenanntes Nahrungsfloß an, um auch bei zugefrorenem Gewässer von unten tauchend an Rinde zu kommen. Indem er den Rachen hinter den Nagezähnen verschließt, kann er unter Wasser fressen, ohne sich zu verschlucken. Die Zellulose in diesem schwer verdaulichen Futter kann nur mit Unterstützung spezieller Bakterien im großen Blinddarmsack zerlegt werden. Der eiweiß- und vitaminreiche „Blinddarmkot“ wird nochmals gefressen und fertig verdaut.

Der Biber ist ein großartiges Beispiel dafür, wie sich Organismen in der Evolution optimal an ihre ökologische Nische anpassen.

Biberportraet
Aktiver Biber aus dem Dießener Bach.
Foto: Peter Daiker, vom Landkreis Freudenstadt.

Dritter Teil der Artikelserie
Biberalltag: Warum fällt der Biber Bäume?


Grundvoraussetzung für das Vorkommen von Bibern sind Wasser und Nahrung. Darüber hinaus sind Biber sehr genügsam, anpassungs- und gestaltungsfähig.
Im Frühjahr und Sommer fressen Biber als Nahrungsgeneralisten verschiedenste krautige Pflanzen, Gräser, Blätter von gewässernahen Gehölzen sowie Wasserpflanzen. Sie sind dabei nicht wählerisch, doch energiereiche Pflanzen sind besonders beliebt.

Biber halten keinen Winterschlaf. Der Winter ist daher eine enorme Herausforderung. Oft bildet Baumrinde die einzig verfügbare Nahrung. Biber werden dann zu Nahrungsspezialisten. Sie lieben die Knospen und besonders die zarte und dünne Rinde der jungen Zweige. Da diese in den oberen Regionen des Baumes zu finden sind, wird ein Baum kurzerhand gefällt. Gefällte Bäume werden in transportierbare Stücke zerlegt und energiesparend auf dem Wasserweg transportiert. Typisch ist das sanduhrförmige Annagen der Gehölze.
Pappelfällungen Biber
Pappelfällungen mit typischen, sanduhrförmigen Annagen der Gehölze.
Foto: Peter Daiker, vom Landkreis Freudenstadt.


Bäume zu fällen gehört zur Grundausbildung der jungen Biber. Von Menschenhand aufgezogenen Biber fehlt dieses Können. Der Spätherbst ist Höhepunkt der Fällaktivitäten. Gefällt wird in einem 10 bis 20 m breiten Streifen entlang des Gewässers. Es werden hauptsächlich wirtschaftlich unbedeutende Baumarten wie Weide und Zitterpappel gefällt, die zudem sehr regenerationsfähig sind. Im Laufe der Evolution haben sich diese Baumarten an den Biberfraß angepasst und sind in der Lage aus einem Wurzelstock über 30 Neuaustriebe zu bilden. Diese schützen sich in den ersten 2 bis 3 Jahren durch Bitterstoffe vor erneutem Verbiss.
Vom Biber verbissene Salweide
Vom Biber verbissene Salweide.
Foto: Peter Daiker, vom Landkreis Freudenstadt.


Nadelhölzer und Erlen sind eher unbeliebt und werden meist nur als Baumaterial zum Damm- und Burgenbau verwendet. Baumrinde ist eine energiearme und schwerverdauliche Erhaltungsnahrung. Ein ausgewachsener Biber benötigt ca. 1 kg frische Weidenrinde pro Tag. Bakterien in seinem Blinddarmsack helfen bei der Verdauung. Ohne die eingelagerte Fettschicht aus dem Sommer könnte er den Winter nicht überleben. Im Gegensatz zu uns Menschen verliert ein Biber über den Winter bis zu einem Drittel seines Körpergewichts. Zur Vorbereitung auf den Winter werden die Dämme verstärkt und die Burg abgedichtet. Als Wintervorrat wird im Wasser am Bau ein Nahrungsfloß aus Ästen und Zweigen angelegt. Für den Fall, dass das Gewässer zufriert, kann der Biber diesen Nahrungsvorrat antauchen und daran fressen.

Die Fällarbeiten des Bibers sind insgesamt betrachtet nicht schädlich, im Gegenteil, sie führen zu einer Auflichtung entlang des Ufers und fördern dadurch gewässerbegleitende Baumarten sowie lichtliebende Blühpflanzen. Artenvielfalt und Nahrungsgrundlage für Insekten steigen dadurch. Aus einem dichten, dunklen Wald am Bach kann so ein lichtdurchflutetes Mosaik an neuen Lebensräumen entstehen.

Vierter Teil der Artikelserie
Biberalltag: Warum baut der Biber Dämme?


Leben Biber in Seen oder größeren Flüssen, ist von Natur aus genügend (tiefes) Wasser vorhanden. Besetzen sie aber ein Revier an kleineren Fließgewässern, sind die Bäche für Biber meistens zu schmal und zu flach. Zur Lebensraumverbesserung bauen die Tiere dann Dämme in das Gewässer. Dadurch wird verhindert, dass das Gewässer austrocknet oder durchfriert und Nahrung nicht mehr erreichbar ist. Ein höherer Wasserstand ermöglicht ein Abtauchen bei Gefahr und sichert den Baueingang vor Feinden und Zugluft.

Ein Biberbau wird meist in die Uferböschung gegraben. Ist das Gelände sehr flach und der Bau damit nicht hochwassersicher, so wird eine sogenannte Biberburg aus Ästen errichtet.
Der Eingang von Bau und Burg liegt immer mindestens 80 cm unter Wasser. Er bildet das Zentrum des Familienlebens. Eine durchschnittliche Biberfamilie besteht aus 3 bis 4 Tieren. Der Bau wird normalerweise erst in der Abenddämmerung verlassen. In der ersten Nachthälfte wird Nahrung beschafft und gefressen.

Noch kleine Junge werden von Eltern und älteren Geschwistern mit Nahrung versorgt. Nach einer Ruhephase im Bau wird in der zweiten Nachthälfte das Revier kontrolliert, markiert sowie Dämme gebaut und ausgebessert. Dazwischen wird immer wieder, auch gegenseitig, das Fell gepflegt. Dies dient dem Familienzusammenhalt. Der Tag wird eng aneinander gekuschelt verschlafen.       
Biber platzieren ihre Dämme an Plätzen, an denen mit geringstem Aufwand die größte Wirkung erzielt wird. Ein Grundprinzip der Natur wird hier im Gelände sichtbar.

Beim Dammbau helfen alle Familienmitglieder mit. Die Elterntiere bestimmen Standort und Größe, die Jungen lernen indem sie mithelfen. Als Material dienen Äste, Pflanzenmaterial, Steine und Schlamm, der vor der Dammoberseite aus dem Bachbett gegraben wird. Gebaut wird in Schichten, solange, bis die gewünschte Wasserhöhe erreicht ist. Je nach Notwendigkeit können Dämme bis zu 100 m lang und bis zu 4 m hoch werden.
Am Dießenbach gibt es aktuell 10 Dämme mit unterschiedlicher Größe und Funktion. Der Hauptdamm schützt auch hier den Baueingang, die restlichen Dämme schaffen Schwimmstrecken.

Durch den Staueffekt eines Damms weiten sich die Wasserflächen aus und neue Flächen werden für die Nahrungssuche erschlossen. Der Transport von Holz und Nahrung gelingt im aufgestauten Wasser fast schwerelos.
Durch größere Dämme können sogenannte Biberteiche aufgestaut werden. In dicht bewaldeten, dunklen Bachtälern sterben dann Bäume ab, es entsteht Totholz, Licht dringt ein. Werden Wiesen oder Äcker überflutet, entstehen Konflikte mit der landwirtschaftlichen Nutzung.
Überlässt man dem Biber diese Flächen am Gewässerrand, hat dies jedoch vielfältige positive Wirkungen.

Biberdamm
Biberdamm am Dießenbach.
Foto: Peter Daiker, vom Landkreis Freudenstadt.



Fünfter Teil der Artikelserie
"Motor für die Artenvielfalt"


Biber wurden in Europa vom Menschen fast vollständig ausgerottet und ihre Lebensräume völlig verändert. Flüsse und Bäche wurden begradigt, Feuchtgebiete entwässert, ja ganze Landstriche trockengelegt. Die landwirtschaftliche Nutzung wurde intensiviert und bis an den Rand der Gewässer ausgedehnt. Von Natur aus gestaltet sich eine Gewässerlandschaft laufend um. Nach heftigen Regenfällen schwellen Gewässer an und suchen sich reißend ein neues Bett. Bei Trockenheit und im Winter sind sie nur noch Rinnsale.

Kommen Biber vor, so gestalten sie die Landschaft, indem sie mit ihren Dämmen anstauen, Bäume fällen und Baue und Kanäle graben.
Für Baumaterial, Rinde und Zweige lichten Biber ganze Waldstücke aus. Ihretwegen entstanden in der Gewässerlandschaft verbreitet Lebensräume, die zuvor nur punktuell existiert hatten: Teiche, träge fließende Gewässer, Sümpfe, Röhrichte, sonnige Kahlflächen im Auenwald.

Der Biber wirkte über Jahrmillionen als bedeutender Evolutionsfaktor. Mit seiner Rückkehr kommt der stotternde und gedrosselte Motor der Artenvielfalt wieder auf Touren - sofern der Mensch es zulässt. Viele Arten profitieren von seiner für sie überlebenswichtigen Tätigkeit. Im Gegensatz zur menschlichen Tätigkeit wirken sich die Biberaktivitäten positiv auf die Artenvielfalt und die Zahl der Individuen aus. Biber halten durch ihr Tun die Gewässerdynamik andauernd hoch. Es herrscht ständiger Wandel, es entstehen immer neue Pionierflächen.

Aufgrund einer Vielzahl an Kleinlebensräumen entsteht höchste biologische Vielfalt. Eine einbrechende Biberhöhle mit einer nachfolgenden Ausspülung der Böschung lässt eine Steilwand entstehen, in die ein Eisvogel seine Bruthöhle graben kann.
Das Überfluten von Waldflächen entlang eines Baches lässt zwar Fichten absterben, schafft aber Totholz, einen der lebendigsten Lebensräume, und fördert die natürliche Ufervegetation aus Weiden, Pappeln und Erlen. Die Stockausschlagsfähigkeit dieser gegen den Verbiss unempfindlichen Baumarten ist in der Koevolution mit dem Biber entstanden. Das Anstauen eines Baches und damit das Entstehen von Feuchtwiesen mit Tümpeln schafft Laichgewässer für Amphibien und Nahrungsflächen für Insekten und Vögel.

Ins Wasser gefällte Bäume schützen Fische vor Feinden, die Fischbrut kann sich im sicheren Astgewirr eines Biberdammes entwickeln.
Studien aus Europa und Nordamerika belegen: Die Fischartenvielfalt eines Gewässers steigt an, die Fischdichte ist an Biberburgen 80-fach erhöht. An einem Waldbach in der Eifel wurde eine Steigerung von 3 auf 39! Libellenarten festgestellt. 39 Vogelarten profitieren von Biberaktivitäten, allen voran der seltene Schwarzstorch und der Eisvogel. In den großen, intensiv vernetzten Lebensgemeinschaften von Tieren, Pflanzen und Pilzen an Gewässern spielt der Biber die Schlüsselrolle. Und er macht überdeutlich: „Alles hängt mit allem zusammen“.

Biberserie 5
Lebensraummosaik des Bibers.
Foto: Peter Daiker.



Sechster Teil der Artikelserie:
Biberkonflikte - Nicht alles rosarot


Der Biber ist entscheidend für die Artenvielfalt an Gewässern, kann aber auch konfliktträchtig sein. Einst fast ausgerottet, trifft er nun auf eine völlig veränderte, vom Menschen intensiv genutzte Umwelt. Konflikte sind daher fast unausweichlich. Bewusst wird der Begriff „Konflikt“ anstatt „Schaden“ verwendet, weil das Wort „Schaden“ nur Wirkungen des Bibers auf die persönlichen Interessen einzelner Landnutzer beschreibt. Die Gesamtbilanz von Bibertätigkeiten ist für uns Menschen fast immer positiv. Biberkonflikte liegen nicht in der Lebensweise des Tieres begründet, sondern haben ihre Ursache hauptsächlich in unserer vollflächigen Nutzung der Landschaft.

Zu über 90 Prozent ist nur ein 10 bis 20 Meter breiter Streifen entlang des Gewässers betroffen. Biber sind in den Anhängen II und IV der FFH-Richtlinie der EU gelistet und auch nach nationalem Recht streng geschützt. Es ist u. a. verboten, sie zu fangen, zu verletzen, zu töten oder ihre Wohn- oder Zufluchtsstätten zu beschädigen oder zu zerstören. Daher sind die Eingriffsmöglichkeiten bei der Beeinträchtigung menschlicher Nutzungen beschränkt. Die wichtigsten Konfliktfelder sind:
  • Fraß an Feldfrüchten oder Getreide: Die reinen Fraßschäden sind oft unbedeutend, da Biber in Revieren leben und dies ihre Anzahl begrenzt. Allerdings werden Nahrungsflächen manchmal durch Kanäle erschlossen und dabei geflutet.
  • Fällen von Gehölzen: Als Winternahrung werden vorrangig wirtschaftlich uninteressante Weichlaubhölzer genutzt. Folgekonflikte können entstehen, wenn Bäume auf Straßen oder Stromleitungen gefällt werden oder Totholz und Äste den Abfluss von Hochwasser z. B. unter Brücken behindern.
  • Grabaktivitäten: Probleme entstehen überall dort, wo der Gewässerrand durch Wege oder Landwirtschaft genutzt wird. Fahrzeuge können einbrechen, aber auch Deiche unterhöhlt werden.
  • Dammbau: Flächen werden überstaut oder sie vernässen.
Vom Biber überschwemmte Wiese
Vom Biber überschwemmte Wiese.
Foto: Peter Daiker, vom Landkreis Freudenstadt.


Biberkonflikte machen deutlich, wo wir Menschen zu nahe am Wasser wirtschaften und dadurch die Lebensgemeinschaften am Gewässer verdrängt haben. Bei Konflikten ist keine rosarote Brille, sondern eine praktische, mit dem Nutzer abgestimmte Einzelfalllösung gefragt. So können wertvolle Bäume mit Drahthosen oder Äcker durch Elektrozäune geschützt werden.

Zur Regulierung des Wasserstandes kann eine Dammdrainage eingebaut und Hochwasserschutzdämme durch den Einbau von Gittern gesichert werden. Der Ankauf von Gewässerrandstreifen durch Gemeinden kann Probleme lösen und sogar Ökopunkte einbringen. Meist können gute Lösungen für ein konfliktarmes Zusammenleben mit Bibern gefunden werden. In schwierigen Ausnahmefällen können Biber auch entnommen werden. Die Zauberformel für ein gutes Zusammenleben mit Bibern lautet: „Mehr Raum für Gewässer und ihre Ufer“.

Artenvielfalt, saubere Gewässer und Hochwasserschutz nützen schließlich jedem von uns. Nächste Woche berichtet Peter Daiker, Wildtierbeauftragter im Landkreis Freudenstadt, über "Dienstleister Biber – gemeinsam zum Ziel".


Siebter und letzter Teil der Artikelserie:
Dienstleister Biber – gemeinsam zum Zie
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Zu Beginn des letzten Artikels dieser Serie möchte Peter Daiker, Wildtierbeauftragter, die wichtigsten Wohlfahrtswirkungen des Bibers noch einmal zusammenfassen: Arten- und Biotopschutz, Förderung des Biotopverbundes, Renaturierung von Gewässern, Verbesserung des Grundwasserhaushalts und Beitrag zum dezentralen Hochwasserschutz, Reinigung von Gewässern (Biberteiche als Nährstoff- und Sedimentfalle), sprunghafte Steigerung der Vielfalt an Tieren, Pflanzen, Pilzen und Lebensräumen (Biodiversität), Steigerung des Erholungswertes der Landschaft (Tourismusförderung).

Das Bewusstsein für den Wert dieser Leistungen für unsere gesamte Gesellschaft wächst. So bezeichnet die GWV Fulda den Biber ausdrücklich als Partner ihres Wasserversorgungsunternehmens und hat eine Biberbroschüre aufgelegt, die unter https://re-fd.de/unternehmen/engagement zu finden ist. Gerade in Zeiten des Klimawandels sind funktionsfähige Gewässer zum Rückhalt von Wasser in der Landschaft zur Grundwasserneubildung sehr wichtig.

Anstatt bei einer Gewässersanierung aufwendig und kostenintensiv mit Baggern zu arbeiten, kann man eine natürliche Entwicklung oft mit geringen baulichen Eingriffen anstoßen und Biber dulden. Diese haben 15 Millionen Jahre Erfahrung im Wasserbau. Die dynamische Gestaltung des Gewässerlebensraums übernehmen die Tiere langfristig und dazu noch kostenlos. Wir müssen dem Biber nur naturbelassene Streifen entlang des Gewässers überlassen und ein Stück Gestaltungshoheit abgeben. Ein bedeutender Mehrwert für unsere Lebensgrundlagen und das Landschaftsbild sind unser Lohn. Entstehen durch Biberaktivitäten persönliche finanzielle Einbußen, so können diese durch den Ankauf von Flächen oder Entschädigung der Eigentümer abgemildert werden.

Eine Kosten-Nutzen-Studie an einem Mittelgebirgsbach im Spessart verrechnete die Schäden mit den Nutzwirkungen des Bibers, wie Schlammrückhalt, Stickstoff- und Phosphorbindung im Biberteich. Unterm Strich erbringt allein die dortige Biberpopulation einen Nutzen im Wert von 15 Millionen Euro.
Die Gestaltungskraft des Bibers für unsere Zwecke zu nutzen, kann also eine intelligente Möglichkeit sein, Kosten einzusparen, ja sogar Gewinne zu erzielen. Nicht ohne Grund läuft in der Mongolei seit 2012 ein großes Wiederansiedelungsprogramm.

Am Oberlauf des Flusses Tuul sollen die Tiere mit ihren Dämmen helfen, die seit Jahren fallenden Grundwasserspiegel aufzufüllen und die Hauptstadt vor Hochwasser zu schützen. Intelligent handeln heißt, Probleme mit ökologischen Mitteln und damit nachhaltig zu lösen. Dazu ist eine Umkehr unserer teils veralteten Denkweisen notwendig. Weg von rein finanziellen, persönlichen Betrachtungen mit einer Einteilung unserer Mitlebewesen in „nützlich“ oder „schädlich“, hin zu einer Gesamtbetrachtung aller, auch der langfristigen, Wirkungen von Lebewesen. Denn alle haben ihre Aufgabe im großen Netz der Natur. Geben wir dem Biber die Chance, mit und für uns Menschen zu wirken.


Biberkunst
Biberkunst.                            Foto: Peter Daiker.

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